Das Kino, so geht seine Legende, ist vor allem deshalb so spannend, weil es immer Industrie und Kunst gleichzeitig ist. Was aber, wenn eine Gesellschaft wie die deutsche ihr Kino weder richtig als Industrie noch richtig als Kunst behandeln kann? Dann entsteht ein »Kinokomplex«, in dem es vornehmlich um Transferleistungen von Staat, Kino und Fernsehen geht. Diese Transferleistungen, verstrüppt genug, um sich allgemeinem Verständnis und Kritik zu entziehen, werden in der Sphäre der Produktion und in der Sphäre der Verwertung vollzogen. Dazwischen liegen merkwürdige Veranstaltungen, in denen sich sehr verschiedene Impulse mehr oder weniger gekonnt verbinden: die Organisation der finanziellen Transferleistungen, die Selbstdarstellung eines Komplexes, der weder Industrie noch Kunst genannt werden darf, der Versuch »Glamour« zu erzeugen, die Arbeit an der Fernsehkompatibilität der Produkte des Filmkomplexes und schließlich die Auszeichnung der »besten« Filme. Eine der merkwürdigsten dieser Veranstaltungen ist der Deutsche Filmpreis, der seit dem Jahr 2005 von einer Deutschen Filmakademie vergeben wird. Ehrlicherweise müsste man sie eher Fernseh- und Filmakademie nennen. Denn ihre Veranstaltung speist sich nicht aus einem genuinen Glamour, der aus der Filmproduktion selber käme. Es ist vielmehr der Glamour der allerüblichsten Fernsehevents. Und so verwandeln sich bei solchen Veranstaltungen die Protagonisten des deutschen Filmkomplexes eben nicht in »Stars«, sondern bloß in »Promis«. So wie die Preisverleihung die Maske einer finanziellen Transferleistung ist, ist dieser Glamour die Maske eines kulturellen Transfers vom Film zum Fernsehen.
Ein Favorit: »John Rabe«, großes nationales Wohlfühlkino
Im Gegensatz zu seinem großen amerikanischen Vorbild Oscar, ist der Deutsche Filmpreis erheblich dotiert – er ist, um es genauer zu sagen, mit insgesamt 2,8 Millionen Euro staatlichen Subventionsgeldern unser höchstdotierter Kulturpreis überhaupt. Gesucht wird nach dem mythischen Produkt, das Kunst genug, Unterhaltung genug, deutsch genug und international genug ist, um zugleich »das Beste« und »die Mitte« zu repräsentieren. Gesucht wird der deutsche Superfilm, der alle Widersprüche seiner Produktion vergessen lässt. Gesucht wird der Film, für den sich niemand schämt und der niemandem wehtut. Die inszenatorische Kunst liegt nun darin, diese Suche so zwischen Castingshow, Preview-Populismus und Mega-Event zu spreizen, dass öffentliche Anteilnahme erzeugt wird, vor allem dort, wo es gewiss nicht diese altmodischen und wenig systemrelevanten »Cineasten« gibt. So wie bei Song-Contesten,